Januar 2001
Klug sein
Liebe
Gemeinde,
es
ist interessant zu beobachten, wie Menschen Wege und Möglichkeiten suchen,
einen bestimmten Termin wahrzunehmen. Den Termin tragen sie rechtzeitig in den Terminkalender
ein, vielleicht in großen Buchstaben, rot unterstrichen. Gleichgültig was noch
kommt, sie nehmen nichts mehr an, was diesen Termin in Frage stellen könnte. Sie
suchen Wege, finden Mittel, damit diese Zeit für nichts anderes verwendet wird,
denn sie ist für sie wichtig. Interessant ist auch, wie schnell man eine
Entschuldigung findet für etwas, das man nicht so gerne macht, man wird
erfinderisch. Auch vergisst man leichter, was man nicht gerne haben möchte.
Ein
neues Jahr beginnt. Wir wissen nicht, wie es sein wird. Für die Weltgeschichte
wird auch dieses neue Jahr einige historische Ereignisse bringen, wie jedes
andere auch. Ob etwas Spektakuläres kommen wird, das weiß niemand.
Forschungsinstitute haben einiges prognostiziert, Wahrsager haben auch versucht
in die Zukunft zu schauen und einiges vorherzusagen. Auch wir und unsere
Leistungen sind fest kalkuliert: Wie viel Zeit wir für den Staat und die
Gesellschaft arbeiten müssen - die Steuereinnahmen sind vom Staat fest
eingeplant - also, es steht schon von vornherein fest, wie viele Tage wir für
den Staat arbeiten müssen. Auch die Zeit, die wir für weitere Verpflichtungen
in Familie und Beruf haben, steht fest; die Zeiten, die man mit Freunden und
Bekannten verbringen kann, sind vorgesehen; wo und wie man seinen Urlaub
verbringen wird, weiß man vielleicht schon; die Zeit der täglichen oder
wöchentlichen Erholung kennt man. Hat man im neuen Jahr auch Zeit für sich
selber, für Besinnung, für innere Ruhe und Zeit, um über das Leben
nachzudenken? Wie viel Zeit ist vorgesehen für Gebet und Gottesdienste und
Lesen in einem guten Buch? Ein Rückblick in das vergangene Jahr zeigt uns, für
wen wir gelebt und gearbeitet haben. Ist es nicht zuwenig, wenn nur unsere
Häuser, Autos und Straßen schön aussehen? Wo und wann spielt Gott in unserem
Leben eine Rolle? Eigentlich schenkt ER uns die Zeit, an jedem Tag im neuen
Jahr. Erfinderisch sind wir bei Entschuldigungen für Dinge, welche wir nicht
so gerne tun. Erfinderisch sollten wir aber auch sein, um Möglichkeiten zu
suchen, Zeit für Gott und Gottes Sache in unserem Leben einzuräumen.
Auch
das kommende Jahr 2001 wird uns vor Entscheidungen stellen, im Kleinen und
großen, im privaten oder gesellschaftlichen Bereich. Vieles wird uns angeboten,
alles können wir nicht mitmachen, alles werden wir nicht erreichen,
Entscheidungen müssen wir treffen - die Frage ist nur, nach welchen Kriterien.
Welche Prioritäten setzen wir uns?
Sie
wissen, wie die Reklame durch Prospekte oder Ähnliches ankommt. Gezeigt werden
nur die Vorteile z. B. der Geräte und Apparate. Wozu sie nicht geeignet sind,
das stellt man erst dann fest, wenn man diese Geräte besitzt. Wichtig ist, dass
man vor dem Kauf vergleicht - Produkte verschiedener Serien und Firmen. Viele
Fachzeitschriften bieten diese Möglichkeit an. Auch unsere Religion bietet
uns einen Vergleich an. Sie zeigt uns, was wir haben können, wenn wir die
Gebote Gottes einhalten, wenn wir der Anweisung der Kirche folgen und was wir
versäumen, wenn wir sie nicht einhalten. Wir sollten klug genug sein, um
nicht nur das zu konsumieren, was angeboten wird, sondern zwischen den
Angeboten zu vergleichen, nicht nur zwischen den Angeboten verschiedener
Gruppierungen, sondern zwischen allen, auch denen von Gott und Kirche, damit am
Ende des Jahres 2001 rückblickend sagen können: Schön war es!
Ich
wünsche uns allen im neuen Jahr den Mut und die Kraft, um Zeit für das
Wesentliche zu finden. Gott segne uns auch im Jahr 2001.
Es
grüßt Sie
George
Chelappurath, Pfarrer
Februar 2001
Religiöse
Erziehung
Liebe
Gemeinde,
eine
wichtige Arbeit eines Fotografen ist die Nacharbeitung bzw. Verbesserung von
Fotos. Das Hauptanliegen vieler Malprogramme im Computer ist die Retuschierung,
sie kann die Bilder verbessern und verändern. Die Originale sind meistens nicht
so gut, darum wollen sie ein bisschen nachhelfen.
Man möchte
nicht nur das Foto schön aussehen lassen, sondern das Erscheinungsbild
überhaupt. Dafür sorgen die Modemacher und die Kosmetikindustrie.
Ist gutes Aussehen
alles? Was ist mit dem Verhalten? Die Eltern erziehen ihre Kinder
nach bestimmten Verhaltensweisen, damit sie gesellschaftsfähig werden. Wenn
ein Kind nur als Natur-Mensch leben sollte, dann ist das schrecklich. Wie
es aussehen kann, wenn man keine Möglichkeit hat, von Menschen erzogen zu
werden, das zeigen einige Filme, in denen der Mensch im Wald von Tieren erzogen
wird. Die Verhaltensweise ist unterschiedlich, je nachdem wo man ist, mit wem
man spricht usw. und wenn man das nicht kann, dann heißt es: schlecht erzogen!
Auch die Art der Erziehung ist unterschiedlich: die Eltern im Busch erziehen
ihre Kinder anders als z.B. die Eltern in Königspalästen. Je mehr Ausbildung
und Lebenserfahrung der Erzieher besitzt, desto größer ist die Chance für das Kind,
etwas zu lernen.
Durch gute
Erziehung wird man gesellschaftsfähig. Ist das alles? Wie sieht es mit den
inneren Werten aus? Bestimmte Verhaltensweisen sollten nicht wie eine Maske
aufgesetzt werden, sondern sollten die Folge einer bestimmten Lebenseinstellung
sein. Es muss begründet werden, warum man sich so oder so verhält. Die Philosophie
kann uns dabei helfen, sie zeigt uns die Zusammenhänge der Dinge im Universum,
aber sie hat ihre Grenzen, denn sie kann nur das feststellen, was der Mensch
von sich aus erreichen kann. Aber es gibt vieles, was die Menschheit bis
jetzt noch nicht entdeckt hat und so bleiben viele Fragen unbeantwortet. Darum
verlangen die Menschen schon seit Jahrtausenden, dass man sich auch von Gott
erziehen lassen sollte, eine religiöse Erziehung. Hier lernt man nicht nur,
wie man sich anderen Menschen gegenüber verhalten sollte, sondern auch warum.
Die Würde des Menschen versteht man in der Religion am besten. Hier lernt
man, die anderen Menschen nicht nur als Konkurrenten oder Rivalen zu sehen,
sondern als Geschwister der großen Familie Gottes. Jesus hat diese Lehre am
deutlichsten vorgestellt, mehr durch sein Leben als durch seine Reden. Wenn man
sein Leben betrachtet, dann bekommt man dadurch Vorbilder und Anregungen für
alle Lebenssituationen.
Es ist
zuwenig, wenn nur unsere Fotos gut aussehen; es ist zuwenig, wenn nur unser
Erscheinungsbild schön ist; es ist zuwenig, wenn nur unser höfliches Verhalten
anderen Menschen gegenüber in Ordnung ist; auch die innere Einstellung muss stimmen,
die inneren Werte sind wichtig. Dazu brauchen wir die religiöse Erziehung. Die
Eltern können nicht alles, die Lehrer können nicht alles, unsere Gesellschaft
kann nicht alles - keiner von denen hat den Überblick über das ganze Leben.
Gott kann uns helfen, eine Erziehung zu bekommen, um damit in allen Situationen
gerüstet zu sein. Helfen wir unseren Kindern und Jugendlichen, auch eine
religiöse Erziehung zu bekommen. Sie sollten nicht nur die Straßenordnung
kennen lernen, nicht nur die Naturgesetze, sie sollen auch die Gebote Gottes
kennen lernen. Sie sollten nicht nur für bestimmte Berufe vorbereitet werden,
sondern auch für das Leben allgemein, für alle Situationen des Lebens. Was
haben sie vom Leben, wenn sie in der Berufung, in der Erfüllung der Lebensaufgaben,
scheitern, auch wenn sie gut verdienen und berühmt werden? Religion ist die
Schule für das Leben.
Es grüßt
Sie
George
Chelappurath, Pfarrer
März 2001
Was habe ich davon?
Liebe
Gemeinde,
"Was habe ich davon?" - diese Frage stellen sich viele
unter uns, wenn es um irgendeinen Einsatz außerhalb der Familie geht. Sie sind
bereit, im gesellschaftlichen Bereich eventuell etwas zu tun, aber nur, wenn
sie persönlich etwas davon haben, oder genauer gesagt, sie tun es eigentlich
nur für sich selber, auch wenn es nach außen hin nach einem "Dienst am
Anderen" aussieht. Auch wenn solche Leute Auszeichnungen und Ehrungen
bekommen sollten, sind sie nicht die tragenden Säulen einer Gesellschaft.
"Was kann ich für Sie tun?" - mit dieser Frage
engagieren sich viele Menschen unserer Gesellschaft. Ihr Ziel ist das Wohl der
anderen; ihr Einsatz kommt nur, weil die anderen es nötig haben, weil die
anderen etwas davon haben.
Es
ist sehr erfreulich, dass wir in unserer Kirchengemeinde viele Frauen und Männer,
Kinder und Jugendliche haben, die sich für unsere Kirchengemeinde einsetzen.
Ihre Namen werden kaum veröffentlicht, sie bekommen kaum eine offizielle
Anerkennung, aber sie übernehmen trotzdem irgendeine Aufgabe, um unser
Gemeindeleben mitzugestalten. Wenn allen, welche eine wiederholende Aufgabe in
unserer Gemeinde übernommen haben, durch einen Brief für ihr Engagement gedankt
werden sollte, dann müssten 165 Briefe geschrieben werden: denjenigen, die im
Kirchenchor singen, den Ministrantinnen und Ministranten, den Kommunionhelfern,
Gottesdienstleitern, Lektoren, Kantoren, Organisten, den Verantwortlichen für
das Opfergeld in den Kirchen, den Zuständigen vom Seniorenkreis, Frauenkreise,
Kinderspielkreise, Kreuzbund, Kindergottesdienst, Erstkommunion- und Firmunterricht,
denjenigen, welche in den Kirchen, Gemeindehäusern, Pfarrbüro und bei der
Gartenarbeit ihren Dienst tun, den Austrägerinnen und Austrägern und den
Redakteuren des Gemeindebriefes, den Zuständigen für Missio und
Entwicklungsarbeit, den Organisatoren der Sternsingeraktion, den
Verantwortlichen für die Öffentlichkeitsarbeit, Amtsblatt und Internet, den
Helferinnen und Helfern beim Gemeindefest, Gassenfest und Fronleichnamsfest.
Einige haben mehrere Aufgaben, andere helfen sporadisch. Was bei diesen
Einsätzen am schönsten ist, ist, dass sie bereit sind, im Hintergrund zu
stehen, selbstlos zu arbeiten. Unsere Kirchengemeinde ist ihnen allen sehr
dankbar.
Eine
Gruppe möchte ich besonders hervorheben: unseren Kirchengemeinderat. Sie sind
offiziell und rechtlich verantwortlich für unser Gemeindeleben. Unsere
amtierenden Kirchengemeinderäte unter ihrem 2. Vorsitzenden Herrn
Mit
diesem Gemeindebrief bekommen Sie die Wahlunterlagen zur bevorstehenden
Kirchengemeinderatswahl. Wir wollen nicht von Wahlpflichten reden, aber Sie
können den anderen helfen und ihnen eine große Freude machen, wenn Sie an der
Wahl teilnehmen. Ich kann Ihnen nicht sagen, was Sie persönlich davon haben,
wenn Sie an der Wahl teilnehmen, aber bei einem bin ich mir sicher: Die
anderen, welche die Wahl in unserer Gemeinde und Diözese organisieren, unsere
Kandidatinnen und Kandidaten und unsere Gemeinde allgemein, profitieren davon.
Unsere Kirchengemeinde lebt weiter und wird von Leuten geführt und geleitet,
welche die Frage stellen: "Was kann ich für Sie tun?" "Wie kann
ich Ihnen helfen?"
Wir
haben viele unter uns, die helfen; wir können aber noch viele mehr brauchen, denn
je mehr mitmachen, desto leichter ist es für diejenigen, welche schon dabei
sind.
Es
gibt Bereiche, in denen man sich die Frage stellen sollte "Was habe ich
davon?", aber es sollte auch Bereiche geben, in denen es zum selbstlosen
Einsatz kommt: "Ich bin dabei, weil die anderen etwas davon haben!"
Es
grüßt Sie
George
Chelappurath, Pfarrer
April 2001
Meine Stellung
Liebe
Gemeinde,
"Soll ich, mit meiner
Stellung, mit meiner Position in der Gesellschaft, mit einfachen Menschen in
der Kirche in der gleichen Bank sitzen? Wenn es nur für uns eine Kirche
geben würde, für die Wohlhabenden, für diejenigen, die in der Gesellschaft
etwas sind und haben, dann wäre es für uns leichter einen Gottesdienst zu
besuchen. Aber mit normalen Menschen auf der gleichen Bank sitzen und mit den
älteren Menschen die alten Lieder singen, das ist unter meinem Niveau, das ist
eine Zumutung uns gegenüber!" Gibt es Menschen unter uns, die so denken?
Die
Feststellung, dass alle Menschen gleich sind, ist nicht so einfach, denn unsere
Gesellschaft zeigt uns, dass nicht alle gleich sind; sie
hilft mit, diese Unterschiede zu pflegen, denn was für sie wichtig ist -
Reichtum, das Geld und der dadurch erreichte Wohlstand - ist nicht gerecht
verteilt, ist nicht für alle gleich zu erreichen. Es gibt Clubs und Vereine,
die für bestimmte Schichten der Bevölkerung, für bestimmte Privilegierte
reserviert sind; auch wenn man es nicht offen bekennt, ist es so, das kann man
in den Bedingungen und Voraussetzungen der Mitgliedschaft feststellen. Gibt
es irgendwo einen Platz, an dem alle Menschen gleich behandelt werden? Ein
politisches oder soziales System das uns spüren lässt, dass wir gleiche Würde
und Stellung haben? Gibt es irgendjemanden, der alle Menschen gleich
betrachtet, unabhängig von ihrem Ansehen, Bildung und Charakter? Ist die
Kirche ein Ort, an dem wir uns wohl fühlen können, die Reichen, die sich alles
leisten können und die Armen, die es schwer haben, immer nach dem neuesten
Trend zu gehen? Wie kommen wir zu Gott, in welcher Eigenschaft? Die Stellung,
die wir in der Gesellschaft haben, ist etwas Schönes, dafür hat man selbst oder
vielleicht die Vorfahren viel gearbeitet. Ist uns unsere Stellung in der
Gesellschaft auch wichtig, wenn wir vor Gott treten?
Nur noch
ein paar Tage, dann feiern wir die Karwoche. Im Mittelpunkt dieser Tage steht
Jesus, über welchen der Apostel Paulus sagt: "Er war Gott gleich, hielt
aber nicht daran fest, wie Gott zu sein, sondern er entäußerte sich und wurde
wie ein Sklave und den Menschen gleich. Sein Leben war das eines Menschen; er
erniedrigte sich und war gehorsam bis zum Tod, bis zum Tod am Kreuz" (Phil
2,6-8). Gott wird Mensch, der Allmächtige wird ein normaler Mensch, der Richter
der Welt lässt sich von normalen Menschen hinrichten und stirbt am Kreuz. Jesus
war bereit, seine Stellung als Gott aufzugeben und sich den Menschen, auch den
Verbrechern, gleichzustellen. Er entäußerte sich bis zum Tod eines
Verbrechers, damit wir gerettet werden.
Im
alltäglichen Leben stellen wir meistens uns in den Mittelpunkt, unsere
Interessen und Wünsche, aber die kirchlichen Feiertage, vor allem die Karwoche
mit ihrem Hochfest der Auferstehung des Herren, helfen uns, Jesus in den
Mittelpunkt zu stellen und uns zu ihm. Wenn wir in dieser Haltung unser Leben
betrachten, dann werden wir unsere wahre Identität feststellen: wir sind
Menschen mit Fehlern, Makeln und Sünden. In den Augen der Menschen sind wir
das, was wir geerbt haben oder was wir durch unsere Leistungen erreicht haben,
aber in den Augen Gottes sind wir nur das, wozu er uns berufen hat, nämlich
seine Kinder zu sein.
Und was
uns bevorsteht, das zeigt uns das kommende Osterfest. Ohne Auferstehung sind
wir Verlierer, wir alle, überall werden wir verlieren, spätestens auf dem
Sterbebett. Die jüngere Generation macht mit uns und allem, was wir
erreicht oder angehäuft haben, was sie wollen. Aber dieses Fest zeigt uns, dass
wir nie verlieren werden, wenn wir mit Jesus leben. Das Wichtigste werden
wir nicht verlieren, wir haben eine Zukunft, eine Zukunft mit unserem Gott.
Wir sind zu ihm unterwegs, und mit dieser Überzeugung zu leben, dabei hilft uns
das Fest Ostern. "Darum hat ihn Gott über alle erhöht und ihm den Namen
verliehen, der größer ist als alle Namen" (Phil 2,9).
Ein
bisschen Zeit in den nächsten Tagen der Fastenzeit, um über unser Leben
nachzudenken, und ein gesegnetes Osterfest, wünsche ich Ihnen allen.
Es
grüßt Sie
George
chelappurath, Pfarrer
Mai 2001
Christliche
Familie
Liebe
Gemeinde,
am
06. Mai empfangen 24 Kinder aus unserer Gemeinde zum ersten Mal die Hl.
Kommunion. Fast ein Jahr haben die Kinder sich auf dieses Ereignis vorbereitet.
Dabei ging es in erster Linie nicht um diesen Tag, sondern um die Einführung
der Kinder in die Gottesdienstgemeinschaft. Selbstverständlich gehört zu
der Vorbereitung auch das Kennen Lernen des Kirchenjahres. Für einige Kinder
war dies alles fremd, sie haben von bestimmten Feiertagen noch nie etwas
gehört, oder sie kennen sie nur in Zusammenhang mit den Schulferien, so z. B.
bedeutet Pfingsten für sie nur, dass sie Schulferien haben, oder dass der
Aschermittwoch nur der Abschluss der Faschingszeit ist. Dass diese Tage aber
mit dem Glauben und dem kirchlichen Leben zu tun haben, das wissen einige
Kinder nicht. Natürlich fragt man: Was kann man tun, was sollten die
Erwachsenen tun, damit die Kinder und Jugendlichen ihren Glauben auch leben?
Vielleicht ist die kommende Erstkommunionfeier unserer Gemeinde Anlass, uns
diese Frage ernsthaft zu stellen.
Die
Kinder lernen nur das, was man ihnen beibringt. Dabei muss man unterscheiden, in
welchen Bereichen die Erwachsenen den Kindern nur Möglichkeiten eröffnen und
den Weg zeigen und in welchen Bereichen sie den Kindern vorleben und selber
mitmachen. So bringen die Eltern ihre Kinder z.B. zum Kindergarten, zur
Schule, zum Training und zu Übungsstunden, aber sie selber bleiben diesen Orten
fern, sie sitzen im Auto und holen die Kindern wieder ab, denn was die Kinder
hier machen ist nicht für die Eltern, von ihnen wird nur die Unterstützung
verlangt. Aber im religiösen Leben ist dies anders, hier wird mitmachen und
vorleben verlangt. Es ist zuwenig, wenn die Eltern ihre Kinder zum
Gottesdienst schicken, denn hier geht es nicht darum, etwas zu lernen oder
kennen zu lernen, sondern um das Leben. Die Eltern sollten ihren Kindern
zeigen, dass nicht nur die "Kleinen" Gott brauchen, sondern auch die
"Großen". Das ist wie beim Essen in der Familie: Für die Kinder
wird nicht nur vom Vater oder der Mutter gekocht, sie essen zusammen mit den
Kindern, denn das Essen benötigen nicht nur die Kinder, sondern auch die
Erwachsenen. So ist es auch im religiösen Leben: die Eltern sollten ihren
Kindern zeigen, was und wie sie glauben sollen, und dies durch eigenes
"Vorleben". Die Kinder sollten nicht den Eindruck bekommen, dass
Gott, Gebet und Gottesdienst nur für einen bestimmten Lebensabschnitt ist, so
z.B. nur solange ich in der Schule bin, oder bis ich zur Firmung gehe, sondern
die Kinder sollten erkennen, dass dies für ihr ganzes Leben gilt. In der
Familie sollten die Kinder lernen, dass eine christliche Familie ein anderes
Leben führt, als eine Familie anderen Glaubens oder ohne Glauben.
Die
Zeit ist gekommen, in der wir entscheiden sollten, ob wir als christliche
Familie leben wollen oder nicht, welche Werte wir in dieser Familie erreichen
möchten, welche Zeiteinteilung wir machen möchten. Die Vielfalt im
Familienleben hat unsere Gesellschaft schon lange akzeptiert, niemand wird es
einem anderen übel nehmen, wenn man seinen Glauben nicht lebt. Die Frage
ist nicht, ob einige Selbstmord als die beste Lösung bei persönlichen Problemen
sehen, ob Stehlen für einige das Mittel ist, die eigene Kasse zu füllen; es
geht nicht darum, ob Abtreibung straffrei ist, Sterbehilfe das Einsparen von
Schmerzen und Pflegegeld ist; die Frage ist nicht, wie die anderen ihre
Arbeits- und Freizeit gestalten, wie sie ihre Kinder erziehen, sondern, wie
ich und meine Familie leben möchte. Also, die Zeit ist gekommen, selber
eine Entscheidung zu treffen, denn unsere Gesellschaft unterstützt uns nicht,
vielleicht nur das Gegenteil: eine materialistisch eingestellte Gesellschaft
will nur das fördern, was Spaß macht und das, was Spaß macht, mitzumachen ist
leichter als das, was nützlich ist, durchzuführen.
Ich
wünsche den Familien unserer Gemeinde, vor allem den jungen Familien, die
Bereitschaft und den Mut, ein anderes Leben zu führen als die anderen, ein
Leben, in dem die Werte der Kirche eine wichtige Rolle spielen.
Es
grüßt Sie
George
Chelappurath, Pfarrer
Juni 2001
Glücksbringer
Liebe
Gemeinde,
damit habe
ich nicht gerechnet, dass einige Kinder bei uns so abergläubisch sind, sie
hatten nämlich einige Gegenstände bei sich und ich dachte, es handelt sich
hierbei um Spielzeug. Als ich von ihnen verlangte, es beim Unterricht
beiseite zu tun, wollten sie es nicht und sagten: "Das dürfen wir nicht;
wenn wir es nicht mehr in der Hand halten, haben wir Angst!" Glücksbringer
sollten dies sein. Kennen Sie Kinder, die sich nicht trauen, ohne solche
"Glücksbringer" eine Klassenarbeit zu schreiben? Kein Wunder, wenn
solche Kinder später dann nichts unternehmen, ohne einen Wahrsager zu befragen;
keine Nahrung zu sich nehmen, ohne sie vorher auszupendeln.
Die Kirche
hat in den letzten Jahrhunderten versucht, den Menschen klar zu machen, dass
solche Gegenstände oder magische Formeln keine Wirkung haben, oder sie hat es
als Wirken des Teufels dargestellt. Die Folge war, dass die Menschen,
die mit solchen Praktiken Erfolg hatten, gesagt haben, dass die Kirche davon
keine Ahnung hat. Die Missionare in einigen Ländern haben versucht, solche
unerklärbaren Kräfte, als Teufelswerk zu deklarieren und sie als Sünde zu
verurteilen und daher zu verbieten, aber die Menschen haben nicht aufgehört,
dieses zu praktizieren, weil sie von dessen Wirkung überzeugt waren. Inzwischen
weiß man aber, dass es bestimmte Personen und Gegenstände gibt, die
unerforschbare und nichterklärbare Kräfte besitzen. Ob man sie magische Kräfte,
magnetische Einflüsse, Kraft der Konzentration, Einfluss der Sterne oder etwas
anderes nennt, spielt hier keine Rolle, es gibt Kräfte und Fähigkeiten, in
deren Auswirkung wir uns nicht auskennen. Ob die Wirkung wirklich von den
Gegenständen oder Formeln kommt, oder ob es die Folge von
"Suggestion" ist, ist bis jetzt noch nicht genug erforscht. Die
Frage ist nicht, wie die übersinnlichen und außerordentlichen Fähigkeiten und
Kräfte funktionieren, sondern wie weit wir von ihnen abhängig sind, ob wir
deren Sklaven sind und wie weit sie unser Leben zerstörerisch beeinflussen.
Der
christliche Glaube hilft uns, eine richtige Einstellung gegenüber solchen
Kräften und Praktiken zu haben, denn er lehrt uns, dass unser Gott über
allem steht, dass unser Gott uns liebt und wenn wir an diesen Gott glauben,
brauchen wir bei den anderen Kräften keine Zuflucht zu suchen. Eine
logische Erklärung: Wenn man an die Zauberei glaubt, dann muss man am größten
Zauberer festhalten - wer ist stärker als unser Gott? Und - es gibt keine Kräfte, egal wo sie zu
finden sind, in welcher Form sie zu finden sind, durch welche Medien sie in
Erscheinung treten - es gibt keine Kräfte, die nicht von Gott sind und die
nicht Gott untergeordnet sind. Dieser Gott wird nicht zulassen, dass uns
etwas Schlimmes passiert. Und wenn Gott uns nicht hilft, dann kann keine andere
Formel uns weiterhelfen. An diesem Gott festhalten, seine Fügung
anerkennen, unsere Zukunft ihm überlassen, von ihm Kraft holen das Leben zu
meistern - das ist viel besser, als zu Wahrsagern zu gehen oder Glücksbringer
zu kaufen.
Mit dieser
Lehre konnte das Christentum den Aberglauben von Millionen Menschen in allen
Kontinenten vertreiben, ihnen Zuversicht, Freude am Leben und ein Leben frei
von Angst ermöglichen. Und unsere Kinder und Enkelkinder haben nun wieder
angefangen, an die magischen Kräfte von Formeln, Wurzeln von bestimmten Bäumen
und an bestimmte Symbolen, zu glauben - was unsere Vorfahren vor Hunderten von
Jahren als hinfällig beiseite geschoben haben, übernehmen sie heute aus
Unwissenheit, Unwissenheit über die Kräfte unseres Gottes. Was die
Religionswissenschaftler vor einigen Jahren vorausgesagt haben, ist nun wahr
geworden, nämlich: Wenn wir das Christentum vertreiben, treten die primitiven
Religionen wieder in Erscheinung. Als ich ein Mädchen (2. Klasse) fragte:
"Woher hast du diesen Glücksbringer", bekam ich zur Antwort:
"Von meiner Freundin". Also, sollten die Eltern es nicht schaffen,
ihren Kindern eine christliche Erziehung angedeihen zu lassen, dann haben die
Freunde der Kinder es leicht, "ihre" eventuell primitive
Lebenseinstellung zu vermitteln. Das Sprichwort kennen Sie vielleicht: Wird
der Platz, auf dem ein Engel sitzt, leer - dann wird dort ein Teufel Platz
nehmen! Gelingt es uns nicht, unseren
Kindern den wahren christlichen Glauben zu übermitteln, dann werden andere sie
in ihrem "primitiven" Glauben erziehen. Wollen wir das zulassen?
Es grüßt
Sie
George
Chelappurath, Pfarrer
Juli 2001
Spurensuche
Liebe
Gemeinde,
wenn
ich die Jugendlichen frage: "Betest du, damit du einen guten Freund oder
eine gute Freundin findest", dann schauen sie mich ganz erstaunt an.
Selten höre ich, dass sie dies tun. "Was hat denn das mit Gott zu tun?
Es ist doch meine Sache, dass ich einen netten Mann/eine nette Frau
bekomme" - das ist die Meinung vieler. Wenn ich ein Brautpaar frage:
"Wo haben sie sich kennen gelernt" erzählen sie strahlend, wo sie
sich zufällig getroffen haben. "Zufällig?" Wenn gesagt wird,
dass dies eine Fügung Gottes war, dass sie sich getroffen haben, dann
versuchen sie dies auch so zu sehen, aber mit "Wenn" und
"Aber". Wenn ich bei einer Trauung oder einer Goldenen Hochzeit sage:
"Gott hat sie zusammengeführt", dann hat keiner was dagegen,
dass ich dies sage. Aber wenn ich mit Eheleuten spreche, die in Streit leben,
dass Gott ihnen diesen Mann/diese Frau gegeben hat, dann wird es schwierig,
dies zu glauben. Wenn ich bei einer Taufe sage: "Gott hat ihnen dieses
Kind gegeben" dann schauen sie fragend: "Was - Gott?" Aber,
sie verstehen es sofort, wenn man von einem "gesunden" Kind spricht.
Sie sind sich einig und sicher, dass es nicht ihr Zutun war, dass sie ein
gesundes Kind bekommen haben. Wenn es allein bei den Eltern liegen sollte,
dann wären alle Kinder dieser Erde gesund. In einer Gesellschaft, in der
versucht wird, Gott aus allen Bereichen des Lebens fernzuhalten, ist es schwer,
ihn im alltäglichen Leben zu entdecken. Wo spielt Gott in unserem Leben eine
Rolle? Was entscheiden wir und was wird von Gott für uns entschieden? Wie und
wo können wir dies feststellen?
Spurensuche
ist etwas sehr Interessantes. Dazu benötigt man viel Aufmerksamkeit, viel
Beobachtungsgabe. Nicht nur das wahrnehmen, was man sieht, sondern den
Hintergrund und die Folgen. So kann man z. B. bei Fußspuren feststellen,
wie viele Leute unterwegs sind, in welche Richtung sie gehen, wie stark und
groß sie sind, in welchem gesundheitlichen Zustand sie sich befinden und wie
lange sie schon unterwegs sind. Bei Filmen ist es interessant zu beobachten,
wie die Menschen im Urwald die Spuren der Tiere beobachten, um sie zu jagen
oder sich vor ihnen zu schützen. In bestimmten Situationen kann eine
Spurensuche lebensrettend sein: Schutz gegen Feinde oder das Finden von
Lebensnotwendigkeiten. In einer Gesellschaft, in der alles geordnet ist, alles
fertig angeboten wird, alles geplant und organisiert ist, verliert man diese
Fähigkeit der Spurensuche. Wir brauchen nichts zu suchen, alles wird uns auf
dem Teller serviert. Aber im Leben ist es wichtig, vor allem die Spuren Gottes
zu entdecken, denn wir sind unterwegs zu ihm und ohne seine Spuren in unserem
Leben zu entdecken, wird es schwierig sein, an ihn zu glauben; ohne das
Wirken Gottes in unserm alltäglichen Leben zu entdecken, werden wir der
religiösen Praktiken müde. Wie kann man Gott z. B. danken, wenn man nicht
weiß, wofür? Wie kann man Gott um Vergebung bitten, wie kann eine Reue echt
sein, wenn man nicht weiß, was dieser Gott für einen getan hat?
Gott
ist überall, das lernt man schon von Kindesbeinen an. Aber sein Wirken in
allem, was in uns und mit uns geschieht, zu erkennen, seine Fügungen überall
wahrzunehmen, auch das müssen wir können. Wenn bei einigen Menschen die
Religion keine Rolle mehr spielt, dann nur weil sie verlernt haben, die Spuren
Gottes in ihrem Leben zu entdecken. Sie haben die Fähigkeit nicht
weiterentwickelt, die Frage nach dem Wie und Warum zu stellen.
In
wenigen Wochen beginnen die Schulferien - Zeit für Erholung. Auch die Zeit,
etwas Neues zu entdecken, neue Menschen und Gegenden kennen zu lernen. Auch die
Zeit, um über das Wirken Gottes in unserem Leben nachzudenken, seine Spuren in
unserem Leben zu entdecken. Zeit für uns - Zeit für unsere Familie - auch die
Zeit zur Spurensuche, die Spuren Gottes in unserem Leben. Das wünsche ich uns
allen in der kommenden Ferien- bzw. Urlaubszeit.
Es
grüßt Sie
George
Chelappurath, Pfarrer
Oktober 2001
Zeit hat jeder
Liebe
Gemeinde,
war
noch vor einigen Wochen die Rede von Erholung, so redet man schon einige Tage
nach dem Urlaub oder nach den Ferien wieder von Hektik und Stress. In den
nächsten Tagen wird es eventuell noch schlimmer, und wenn das Jahresende näher
kommt, dann bekommt man dies am deutlichsten zu spüren. Man hat viel zu tun,
viel mehr, als Zeit, eigene Energie und Kraft es zulassen. Automatisch kommt
die Frage: Wo setze ich Prioritäten? Was erledige ich und was lasse ich
weg? Bei der Arbeit, bei der man sein Geld verdient, darf man keine
Abstriche machen, denn Geld ist wichtig. Von Freizeitaktivitäten möchte
man nichts abgeben, denn Erholung ist notwendig. Wenn es zu Vernachlässigungen
kommen sollte, dann kommt meistens die Familie und Gott zu kurz. Die
Ausrede: "Ich habe keine Zeit" ist meistens berechtigt und als Beweis
zeigt man seinen vollen Terminkalender. Und es stimmt tatsächlich: der
Terminkalender ist voll, es gibt keine Zeit für ein Gebet oder für einen
Gottesdienst.
Mit
der Zeit vergisst man, warum man dies oder jenes angefangen hat. Zuerst wollte
man z. B. etwas gegen die Langeweile zuhause tun, darum hat man sich einer
Interessengruppe angeschlossen. Aber mit der Zeit ist es dann trotzdem so
geworden, dass man auch dort viel zu tun hat, auch darin unter Stress steht,
meistens sind es unnötige Verpflichtungen, ist es sinnlose Verantwortung. Die
Aufgaben und Verpflichtungen werden nie aufhören, solange man bereit ist, etwas
zu tun. Die Anerkennung und das Lob für das Engagement in bestimmten
Gebieten ist meistens so reizvoll, dass man sich selber und seine eigene
Situation darüber vergisst; man denkt, dass es Selbstlosigkeit sei, dass man
sich vergisst und für die anderen engagiert, aber in der Tat könnte es
Blindheit sein; man wird blind und kann die eigene Situation und Lage nicht
mehr wahrnehmen. Man muss gut überlegen, wenn man Zeit von irgendwo nimmt,
um sie dann irgendwo anders zu investieren. Erfolge in bestimmten Bereichen
könnte die Vernachlässigung oder der Verlust in anderen Bereichen sein. Bei
einer Beerdigung bekommt man zu hören, was der Verstorbene geleistet hat,
aber die Zuhörer wissen genau, was der Verstorbene alles vernachlässigt und
versäumt hat, vor allem wie er sein Leben verlor, weil er das Wichtigste im
Leben nicht erreicht hat.
Heutzutage
gibt man auch seinem Hund nicht das, was in der Küche übrig bleibt, sondern
das, was man speziell für ihn gekauft hat. Gibt man seinen Kindern - wenn es
ums Essen geht - das, was übrig bleibt, oder das, was bereits für sie
einkalkuliert ist? Wenn die Eltern sagen
würden, dass sie für ihre Kinder keine Zeit haben, dann müssen sie sich die Frage
gefallen lassen: Warum nicht? Wen möchte man mit einem vollen Terminkalender
überzeugen, dass man keine Zeit hat? Soll ein Lehrer Verständnis für einen
Schüler aufbringen, der keine Zeit für die Hausaufgaben hat? Die Frage ist
nicht, ob man Zeit hat oder nicht - Zeit hat jeder gleichviel oder
gleichwenig - sondern die Frage ist, wie man mit seiner Zeit umgeht .
"Gebt
dem Kaiser, was dem Kaiser gehört, und Gott, was Gott gehört" (Mt 22,21).
- Gebt dem Arbeitgeber, was ihm zusteht; dem Verein, was ihm zusteht; gebt
der Familie, was ihr zusteht und der Kirche und Gott, was ihnen zusteht",
denn man sollte niemandem das geben, was übrig bleibt, oder was man weggenommen
hat,
sondern das, was man hat - sei es Zeit, sei es Geld - und
Zeit oder Geld wird kaum jemand übrig haben.
Es
grüsst Sie
George
Chelappurath, Pfarrer
November 2001
Das
Wichtigste in unserem Leben nie verlieren
Liebe
Gemeinde,
wer
hat was im Leben zu verlieren? Durch wessen Verlust wird man traurig oder ist enttäuscht?
Schlimm ist es, wenn man das verliert, was für einen lebenswichtig oder das
Allerwichtigste ist.
Eigentlich
ist das Leben die Zusammenfassung von "Gewinn und Verlust", in
kleinem oder großem Bereich. Ab und zu ist es doch so, dass man etwas verliert,
damit man etwas Besseres erreichen kann. So z.B. verlässt man seinen
Arbeitsplatz, wenn man die Möglichkeit hat, etwas Besseres zu finden, oder
verkauft das mit viel Liebe gebaute Eigenheim, um ein noch schöneres und
besseres zu erstehen. So ist man nicht immer traurig, wenn man etwas verlässt
oder verliert. Die Frage ist, was und warum man etwas verlässt oder
verliert.
Solange
man lebt, gibt es verschiedene Gruppen: Reiche und Arme, Gebildete und Analphabeten,
Gesunde und Kranke. Beim Tod aber gibt es nur noch zwei Gruppen: solche, die
mit dem Tod alles verlieren und die anderen, welche damit alles gewinnen.
Ist es nicht schrecklich, dass man mit dem Tod alles verliert? Verlierer
sind wir im Tod, wenn wir nur für uns und unsere Vorteile gelebt haben, denn
mit dem Tod müssen wir alles abgeben, was wir besitzen, alle verlassen, die wir
gerne haben, dürfen nicht dort sein, wo wir gerne sind und nicht mehr das tun,
was wir gerne tun. Aber wir müssen mit dem Tod nicht alles verlieren. Es
kann sein, dass man vielleicht nicht das erreicht hat, was man wollte, nicht
das bekommen, was man haben möchte, aber solange man mit dem Gedanken leben
kann, dass man das getan hat, was seine Berufung von ihm abverlangt, hat man
nichts zu verlieren. Gott hat Zeit, er wird das weiterführen, was er angefangen
hat. Wenn wir mit dieser Einstellung gelebt haben: Ich habe meine Familie,
eine, die ich in Gottes Namen gegründet habe; ich habe Kinder, die Gott mir
gegeben hat; ich habe mich für meine Mitmenschen engagiert, weil sie meine
Geschwister sind, weil sie zur großen Familie Gottes gehören - wenn wir mit
dieser Einstellung gelebt haben, dann haben wir am Ende unseres Lebens kaum
etwas zu verlieren. Gott hat unbegrenzte Möglichkeiten, er hat unbegrenzt
Zeit, er wird weiter machen, was ich angefangen habe. Und wenn wir bei ihm
bleiben, wenn wir an seiner Seite stehen, für ihn und seine Sache arbeiten,
dann werden wir im Leben nie Verlierer sein.
Wir
dürfen das Wichtigste in unserem Leben nie verlieren oder anders gesagt: Wir
sollten nur das wichtig schätzen, was wir nie verlieren werden, auch nach
dem Tod nicht. Selbstverständlich bedeutet das nicht, dass wir nur das
Bleibende schätzen dürfen und das Vorläufige nicht ernst nehmen sollten. Nein, auch
das Momentane ist für uns wichtig. Auch Jesus hat mit seinen Freunden Feste
gefeiert, war Gast in vielen Familien aber er hatte die Einstellung: "Wer
ist meine Mutter, und wer sind meine Brüder? Wer den Willen Gottes erfüllt, der
ist für mich Bruder und Schwester und Mutter" (Mk 3, 33-35). Bei
unserem Tod sollten die anderen nicht denken: Jetzt hat er alles verloren,
sondern: Jetzt hat er das gewonnen, was er sich erträumt hat.
Wenn
der Monat November mit seinen Festen Allerheiligen und Allerseelen uns dazu
anregen kann, unserem Leben neue Einstellungen zu geben, die unabhängig von
Zeit und Alter unserem Leben Halt und Sinn geben können, dann werden wir nie
Verlierer sein.
Es
grüsst sie
George Chelappurath, Pfarrer
Dezember 2001
Friede in uns, bei uns, um uns herum
Liebe
Gemeinde,
"Du
hast einen Wunsch frei" sagte eine Fee zu einem armen, einsamen, blinden
Bettler - so beginnt ein Märchen. Der Mann überlegt: Sehen wollte er - was
nützt es, wenn er blind bleiben würde; Familie und Freunde wollte er haben -
was nützt alles andere, wenn er allein und einsam bliebe; reich will er werden
- wie sollte es ohne Geld weitergehen; für das leibliche Wohl muss er Sorge
tragen, er möchte sich ordentlich anziehen, er möchte auch ein eigenes Zuhause
haben. Er überlegte und überlegte, denn er hatte ja nur einen Wunsch frei.
So fragte er einen Greis um Rat und der konnte ihm helfen: Der Bettler
sollte die Fee bitten: "Ich möchte meinen Sohn aus einem eigenen goldenen
Teller essen sehen"! Ein Wunsch, nur ein einziger Wunsch - aber, Familie,
Geld und Augenlicht, dies alles war in diesem einen Wunsch vorhanden.
Die Liste der Wunschzettel für
Weihnachten ist lang: Was wollen die Kinder alles haben? Was wünschen wir uns?
Stundenlang könnte man sich hinsetzen, seine Wünsche formulieren, jede Menge
Zettel beschreiben - kleinere Dinge für Hobbys und Freizeit; größere
Anschaffungen für Haus und Arbeit. Wir sind sicher, dass wir uns einiges
alleine leisten können und zwar schnell. Für anderes müssen wir einige Zeit
warten und für wieder andere sind wir sicher, dass kein Weihnachtsmann der Welt
diese erfüllen kann. Vielleicht Gott - aber damit rechnen die meisten nicht! Mit
der Erfüllung von welchem Wunsch können wir alles erreichen, was wir wollen?
Wie wäre es, wenn ich mir Gott wünschen würde? Ich möchte ihn haben, dann hätte
ich alles. Oder gibt es etwas Besseres, etwas Schöneres? Es gibt Millionen von
Menschen, die mit diesem Wunsch leben, denn sie wissen, dass sie dadurch für
immer glücklich sein werden. Mit etwas wenigem wären sie nicht zufrieden, auch
nicht mit Millionen von Euro! Das kommende Fest Weihnachten erzählt uns,
dass so ein Wunsch realisierbar ist, dass wir Gott haben können, dass wir
Gott erreichen können - aber nicht durch unsere Leistung, sondern nur als
Geschenk von Gott. Er kommt zu uns in Gestalt eines Menschen, lebt mit uns,
zeigt uns, wie wir zum Glück gelangen können. Wer ihn findet, wer mit ihm
lebt, der ist "wunschlos glücklich". Das ist keine fromme
Erzählung, sondern das, was tausende von Menschen, die um uns herum und in
anderen Gegenden der Erde leben, bezeugen. Und die anderen, die dies nicht
erreicht haben, zeigen, dass sie nicht zufrieden sind, gleichgültig was sie
alles haben, gleichgültig was sie im Leben und Beruf geworden sind, denn sie
haben immer mehrere Wünsche offen, die nicht erfüllt werden oder erfüllbar
sind. Machen wir unsere Augen weit auf, betrachten die Menschen um uns herum
und stellen dann fest, ob es stimmt oder nicht.
Die
Begegnung mit Gott in Jesus Christus sollte auf unserer Wunschliste für
Weihnachten an erster Stelle stehen, denn mit der Erfüllung dieses einzigen
Wunsches werden wir sehen, dass wir auf dieser Erde in Zufriedenheit leben
können. Alles auf einen Schlag - wie beim blinden, einsamen Bettler im Märchen!
Wie man das erreichen kann, zeigt uns Jesus. Er hat den Weg vorgelebt, es liegt
nur an uns, ob wir ihm folgen.
Friede
- nicht nur auf dieser Welt, nicht nur zwischen den Staaten, Religionen und
Völkern, sondern Friede in uns, bei uns, um uns herum. Das erreichen wir, wenn
wir Gott erreichen und nie sollten wir mit wenigem zufrieden sein. Er kommt
zu uns - nicht nur an Weihnachten, sondern jeden Tag unseres Lebens. Sind
wir bereit, ihn anzunehmen? Friede auf Erden, Friede in unseren Familien, Friede
in uns selber, in jedem von uns - das ist mein Weihnachtswunsch für uns alle.
Es
grüßt Sie
George
Chelappurath, Pfarrer